Mindful Motion Tango - eine NARM inspirierte verkörperte Selbsterforschung. Auch als alternative Paartherapie.
- Rotraut Rumbaum
- 27. Apr.
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: vor 5 Tagen

Tango – das Bild, das vielen sofort aufscheint, ist noch immer geprägt vom klassischen Klischee: der starke, charismatische Mann, der die hingebungsvolle Frau sicher über das Parkett führt. Ein Bild voller Leidenschaft, Polarität – und Begrenzung!
Denn so lebendig dieses Bild auf den ersten Blick vielleicht erscheinen mag - es täuscht.
Was Tango in seinem Kern sein bedeutet, geht tiefer, kann verborgene Ängste und Sehnsüchte berühren, ist in seinen Möglichkeiten viel weiter und bunter.
Und genau hier setzt Mindful Motion Tango an – als verkörperte Selbsterforschung, als Türöffner für individuelle Entwicklung und die Erfahrung sicherer Bindung durch Tango im Sinne der NARM-Arbeit.
Tango – ein Spiel mit allen Anteilen
Wir tragen weibliche und männliche Qualitäten in uns – Empfänglichkeit und Gestaltungskraft, Hingabe und Führung. Tango wird lebendig, wenn diese Qualitäten miteinander tanzen dürfen. In uns selbst und zwischen zwei Menschen.
Was im klassischen Tango oft als starrer Gegensatz inszeniert wird, findet hier seine organische, sich ständig wandelnde Form: Tango lebt von lebendigem Ausdruck im Miteinander, nicht von Einseitigkeit.
Und genau das macht ihn zu einer so kraftvollen Praxis für Beziehung, für Verkörperung – und für tiefes persönliches Wachstum.
Die Essenz: Präsenz, Einheit, Freiheit
Im Tango Argentino wirken drei Prinzipien wie eine stille Architektur zusammen – sie stützen und bedingen einander:
Präsenz
Du bist im Hier und Jetzt, spürst deinen Körper, deinen Atem, deinen Stand im Raum. Du balancierst Stabilität und Flexibilität, behältst deinen eigenen Rhythmus, auch wenn das Außen sich verändert.
Einheit
Aus deinem eigenen Zentrum heraus verbindest du dich mit dem Partner. Ohne dich zu verlieren, ohne den anderen zu vereinnahmen. Ihr haltet gemeinsam den Beziehungsraum – elastisch, lebendig, respektvoll.
Freiheit
Auf der Basis von Präsenz und Verbindung entsteht Improvisation.Ein kreatives, freies Spiel, in dem beide tanzen, gestalten, führen, folgen, atmen – jeder für sich und beide gemeinsam.
Tango als verkörperte Selbsterforschung
Tango kann nicht "gemacht" werden – er entsteht. Zwischen zwei Körpern, zwei Nervensystemen, zwei Geschichten. Genau darin liegt seine Kraft als Selbsterfahrungsweg, besonders im Kontext von NARM und Paartherapie.
In der Umarmung des Tangos spiegeln sich früheste Beziehungserfahrungen:
Wie viel Nähe kann ich zulassen?
Wo verliere ich mich im anderen?
Wo schotte ich mich ab, um mich zu schützen?
Wie gelingt Kooperation ohne Selbstaufgabe?
Unser implizites Gedächtnis – das körperliche Erleben aus der Zeit, bevor wir Worte hatten – wird aufgerufen. Und zeigt sich.Oft subtil. Manchmal überwältigend. Immer ehrlich.
Tango bringt an die Oberfläche, was im Körper gespeichert ist.
Das Kerndilemma: Zwischen Anpassung und Eigenständigkeit
Eine meiner eindrücklichsten Erfahrungen machte ich in Technik-Workshops für Frauen:Alleine getanzt, waren die Bewegungen präsent, musikalisch, ausdrucksstark.Sobald es in den Paartanz ging, veränderte sich etwas:Plötzlich ging die eigene Stabilität verloren, die Bewegungen wurden unsicher, die Anpassung dominierte – oft unbewusst.Ein leiser innerer Kampf: Wie bleibe ich bei mir – und im Kontakt?
Hier offenbart sich das, was auch in NARM eine zentrale Rolle spielt:Das Kerndilemma zwischen Bindung und Autonomie.
Im Tango wird es nicht nur sichtbar – es wird erlebbar. Verkörpert.Und genau das eröffnet neue Möglichkeiten: für Bewusstheit, für Entwicklung, für heilsame Beziehungserfahrungen.
Warum Mindful Motion Tango in Therapie und Coaching wirkt
Tango bringt uns ins Hier und Jetzt.
Er macht unbewusste Beziehungsdynamiken sichtbar und fühlbar.
Er ermöglicht direkte Erfahrungen von neuer Art von Verbindung und Eigenständigkeit.
Im Tanz begegnen wir archetypischen Themen: Umarmung, Rhythmus, Führen und Folgen, Vertrauen, Hingabe, Grenzen.Wir erforschen:
Wo sind meine Ressourcen?
Wo zeigen sich alte Muster?
Was wird möglich, wenn ich in meiner Präsenz bleibe?
Das Schöne daran: Diese Erfahrungen sind nicht nur intellektuelles Verstehen – sie sind verkörpertes Wissen.Eine neue Spur, die im Körpergedächtnis gelegt wird.Eine Einladung, die eigene Beziehungskompetenz auf einer tiefen, ganzheitlichen Ebene zu entwickeln.
Tango als Spiegel der Verkörperung lebensgeschichtlicher Prägungen und Erfahrungsraum
Vielleicht spürst du beim Lesen einen leisen Impuls, diesen Raum zu betreten.Nicht perfekt. Nicht "richtig". Sondern neugierig, offen, lebendig.
Denn: Tango entsteht, wenn zwei Menschen – jeder bei sich und doch miteinander – das Unbekannte tanzen.
Und genau darin liegt die Magie - und auch die heilsame persönliche Erfahrung.
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